Ich bin ein sexuell aktiver schwuler Mann und lasse mich regelmäßig auf sexuell übertragbare Infektionen (STI) wie HIV, Syphilis und Hepatitis C testen. Für mich gehört das zur Verantwortung gegenüber mir selbst und meinen Partnern. Trotzdem kann es auch bei Vorsicht und Testsituationen zu Unsicherheiten und Problemen kommen – wie ich vor Kurzem selbst erlebt habe.
In der zweiten Aprilwoche bemerkte ich bei mir Symptome, die ich zunächst für eine Harnwegsinfektion hielt. Als sich die Beschwerden nicht besserten, begann ich zu recherchieren. Der Verdacht auf Tripper (Gonorrhö), eine sehr leicht beim Sex übertragbare bakterielle Infektion, lag nahe. Also ging ich an einem Donnerstag zu meinem Hausarzt, wo ich eine Überweisung zum Urologen erhielt.
Doch die Suche nach medizinischer Hilfe wurde zur echten Odyssee: Die erste urologische Praxis, bei der ich es versuchte, lehnte mich ab – ich sei kein aktiver Patient mehr und sie nähmen keine neuen Patienten auf. Ich erfuhr dort auch zum ersten Mal, dass bei STI-Verdacht besser ein Hautarzt aufgesucht werden sollte – ein Wissen, das vielen (wie auch mir) bis dahin nicht selbstverständlich ist. Auch die nächste urologische Praxis wies mich ab, nachdem ich mein Anliegen geschildert hatte.
Noch am selben Tag holte ich mir vom Hausarzt eine geänderte Überweisung zum Hautarzt. Einen Abstrich wollte oder konnte man dort nicht machen. Da war der Tag jedoch schon zu weit fortgeschritten, um noch einen Hautarzt aufzusuchen.
Inzwischen hatte sich auch mein letzter Geschlechtspartner gemeldet: Auch er hatte ähnliche Symptome und wurde bei seinem Urologen umgehend auf Tripper getestet und behandelt. Ich dagegen hatte zu diesem Zeitpunkt weder eine Diagnose noch Medikamente.
Glücklicherweise bekam ich Unterstützung: Christian von der AIDS-Hilfe Lausitz e.V. empfahl mir, es entweder bei einem bestimmten Hautarzt oder direkt im Krankenhaus zu versuchen.
Am Freitag Nachmittag blieb mir nur noch die Bereitschaftspraxis im CTK Cottbus. Entgegen meiner Erwartungen war die Erfahrung dort durchweg positiv. Nach kurzer Rücksprache in der Notaufnahme nahm sich eine sehr freundliche Ärztin viel Zeit für mein Anliegen. Sie hörte zu, nahm meine Sorgen ernst und verschrieb mir ein starkes Antibiotikum – auch wenn dort kein Abstrich möglich war. Ich war sehr erleichtert, endlich ernst genommen worden zu sein und Medikamente zu bekommen.
Am folgenden Montag versuchte ich erneut, einen Abstrich zur Diagnose zu bekommen. Ich klapperte mehrere Hautarztpraxen ab – persönlich und telefonisch – und wurde jedes Mal mit der Begründung abgewiesen, dass keine neuen Patient*innen aufgenommen würden. Diese wiederholte Ablehnung war psychisch belastend, gerade weil ich mit dem Druck einer möglicherweise unbehandelten Infektion lebte. Ich fühlte mich in dieser Zeit sehr ausgegrenzt und stigmatisiert – allein gelassen mit einem Problem, das leider oft immer noch tabuisiert wird.
Schließlich versuchte ich es über die Termin-Hotline 116117, erhielt dort jedoch ohne speziellen Überweisungscode keine schnelle Hilfe. In meiner Not rief ich beim Gesundheitsamt Cottbus an. Eine sehr verständnisvolle Mitarbeiterin erklärte mir, dass man dort grundsätzlich einen Abstrich machen könne – allerdings sei das aufgrund der bereits begonnenen Antibiotikatherapie inzwischen nicht mehr sinnvoll. Die Bakterien wären dadurch kaum noch nachweisbar. Sie beruhigte mich: Solange keine neuen Symptome auftauchen, sei ich auf der sicheren Seite.
Fazit: STI – Verantwortung, Realität und strukturelle Hürden
Diese Erfahrung war für mich in vielerlei Hinsicht aufwühlend. Ich habe gespürt, dass das Thema sexuell übertragbare Krankheiten nach wie vor mit Tabus und Unsicherheit behaftet ist – sowohl bei Patient*innen als auch im Gesundheitssystem. Dabei ist Prävention und ein offener Umgang mit STIs ein zentraler Bestandteil sexueller Gesundheit – ganz besonders in queeren Lebensrealitäten.
Es braucht mehr sichtbare Anlaufstellen, gut informierte Fachkräfte und niedrigschwellige Angebote – ohne Hürden und ohne Stigma. Ich bin dankbar für die Unterstützung, die ich schließlich erhalten habe – aber es sollte nicht so schwer sein, in einer solchen Situation Hilfe zu bekommen.
Deshalb teile ich meine Geschichte. Damit andere wissen: Du bist nicht allein. Es ist okay, Fragen zu haben, Symptome ernst zu nehmen und Hilfe einzufordern. Und: Es darf kein Luxus sein, eine qualifizierte Behandlung zu bekommen.